Interview

Auszug aus dem Buch:
SCHWINGUNG UND GESUNDHEIT

FRAGE Herr Fassbender, sie beschäftigen sich mit Klangkunst, neuen Formen des Musizierens und bewusstem Hören. Was verstehen Sie unter bewusstem Hören?

Der Hörsinn birgt für uns vielleicht mehr als jeder andere Sinn die Möglichkeit einer sehr intensiven Begegnung mit der Außenwelt. Wenn Sie mich zum Beispiel anschauen, bleiben Sie mit Ihren Augen am Pullover – an meinem äußeren Erscheinungsbild – hängen. Wenn Sie aber meine Stimme hören und vielleicht nicht so sehr darauf achten, was ich sage, sondern wie meine Stimme klingt, dringen Sie viel tiefer. Sie können sehr viel über meine innere, seelische und emotionale Beschaffenheit – über meine Persönlichkeit – erfahren. Das deutsche Wort „Person“ stammt übrigens von dem lateinischen Wort „personare“ ab, was wiederum in Deutsche übersetzt „hindurchtönen“ bedeutet. Insofern tönt nicht nur bei Personen sondern bei allem, was klingt die innere Beschaffenheit hindurch. Bewusstes Zuhören ist eine Tätigkeit, die Brücken baut zwischen mir und meiner Außenwelt und ein tieferes Verständnis herstellt. Und da die Außenwelt immer auch mich selber spiegelt, hilft diese Tätigkeit dabei, mich selbst zu erkennen.

FRAGE Welche Bedeutung hat für Sie das Musizieren? Sie bringen es mit dem Spiel eines Kindes in Verbindung, das die Welt neu entdecken kann.

Die Welt der Erwachsenen ist stark von Zweckmäßigkeiten geprägt. Ein Löffel ist zum essen da, ein Stuhl zum sitzen u.s.w.. Das Spielen von Kindern hingegen kennt keine Grenzen. Alles ist möglich und erlaubt. Ein Löffel taugt nicht nur zum Essen, sondern kann ganz viele verschiedene Funktionen erfüllen.Wenn wir nun mit allem, was klingt, möglichst unvoreingenommen spielen, lernen wir viele Facetten der Klangquelle kennen und können sie dadurch gründlicher erkunden. Ein Klangkörper ob nun aus Holz, Glas oder Stein, der auf verschiedenste Weise anschlagen, gerieben, gestrichen oder angeblasen wird, kann Klangeigenschaften an den Tag legen, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Ein unendlich breites Spektrum an Klangmöglichkeiten tut sich auf, ausgelöst durch verschiedenste Materialien, Formen, Resonanzen und die Art der Klangerzeugung. Es ist sehr spannend, sich da auf Entdeckungsreise zu begeben.Und genau darin sehe ich die Aufgabe der zeitgenössischen Musik. Früher sagte ein Johann Sebastian Bach, wenn er sich in sein Komponierstübchen zurückzog, er geht zum Zwiegespräch mit Gott. Er hatte also die Gabe, Musik aus geistigen Sphären zu empfangen und auf die Erde zu holen. Ich glaube, dass das in unserer Zeit so nicht mehr geht, sondern dass genau das Gegenteil ansteht: In alles, was klingt auf dieser Erde, müssen wir aufmerksam hineinhören. Und wenn wir das Gehörte als schön empfinden, kann sich etwas befreien – vergeistigen.

FRAGE Welche Rolle spielen für Sie Schwingung und Resonanz für das Leben und die Welt? Was gibt es aus Ihrer Sicht für Zusammenhänge zu Gesundheit und heilsamen Wirkungen?

Ich möchte es mal anhand eines Tonoskops veranschaulichen. Ein Tonoskop ist im Prinzip eine mit Sand bestreute Trommel. Wenn man diese durch eine Röhre ansingt, geht die Trommelmembran zur Stimme in Resonanz, wodurch sich der Sand in wunderschöne, organisch anmutende Formen hineinlegt. Immer wieder kann man Blatt- oder Blütenformen mit den Sandstrukturen assoziieren – die Gerippe eines Skeletts oder die wellenförmigen Strukturen eines Sandstrandes. Wir erleben also, dass Klänge Formen schaffen können, die Pflanzen, Tieren und anderen Organismen ähnlich sind. Dadurch kommt dann schnell die Frage auf, ob nicht die Kraft, die hinter allem wirkt, etwas ist, was dem Klang verwandt ist. So steht es ja auch in der Bibel: Am Anfang war das Wort.Jeder Ton birgt in sich ein schöpferisches wie auch zerstörerisches Potential. Es kommt immer darauf an, wie und wo er erklingt – welche Resonanzen auftreten. Jede Räumlichkeit geht immer wieder anders in Resonanz. Mal werden Schwingungen verstärkt, mal unterdrückt. Auch in jedem Zuhörer bildet sich quasi auch ein Raum – ein Seelenraum, in dem Klänge und Geräusche sich ganz unterschiedlich entfalten können. Ein richtiger Klang am richtigen Ort kann Wunder bewirken. So ist es für mich immer wieder beeindruckend, zu erleben, welch starke Wirkung es zum Beispiel auf Menschen haben kann, wenn sie sich auf die Resonanzwiege legen – einem Instrument, bei dem an- und abschwellende Töne auch über den Tastsinn wahrnehmbar sind.Einmal konnte ich es miterleben, wie eine Komapatientin über die Klänge eines kupfernen Röhrenglockenspiels erwacht ist. Das war für mich ein sehr bewegender Moment. Das Röhrenglockenspiel hat einen sehr langen Nachklang. In meinen Kursen stelle ich fest, dass die Klänge dieses Instruments auf Kinder wie Erwachsene eine äußerst entspannende Wirkung haben. Die Zuhörer werden oft müde, gähnen und fühlen sich in einem traumhaften Zustand versetzt. Durch die Komapatientin erfuhr ich, dass es auch anders herum möglich ist, jemandem aus Traumzuständen abzuholen.

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Neue Impulse für eine Heilungskultur aus Musik, Kunst und Wissenschaft
Verschiedene Autoren, 393 Seiten, Gebundene Ausgabe
Traumzeit-Verlag, 2007
ISBN: 978-3933825698

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